Wenn das neue Schuljahr beginnt, ist das für Kinder etwas ganz Besonderes. Auf der ganzen Welt ist der Schulstart für Mädchen und Jungen ein wichtiges Ereignis – der Grundstein für persönliches Lernen und Wachstum. Für Millionen Mädchen in Afghanistan ist Schule jedoch nur noch eine verblassende Erinnerung: Es ist etwa vier Jahre her, dass sie überhaupt zur Schule gehen und vorfreudig und aufgeregt dem Schulbeginn entgegenfiebern konnten. Zunächst schlossen die Schulen wegen der Covid-19-Pandemie, dann verboten die Taliban Mädchen, die weiterführende Schule zu besuchen.
In der Hauptstadt Kabul und anderen Städten ist das Leben von Afghaninnen von Einschränkungen und einer neuen, bedrückenden Realität bestimmt. Die Taliban haben in fast allen Lebensbereichen strenge Gesetze eingeführt, die vor allem den Alltag und die Rechte von afghanischen Mädchen und Frauen einschränken. In der Öffentlichkeit sind Mädchen und Frauen kaum mehr sichtbar; stattdessen spielt sich ihr Leben immer mehr zuhause und hinter verschlossenen Türen ab. Die Sittenpolizei sorgt dafür, dass die strengen Regeln der Scharia eingehalten werden. Immer wieder werden Frauen, die für ihre Freiheit und Selbstbestimmung eintreten, für ihre Überzeugung ins Gefängnis gesteckt.
Für die Mädchen sind die Auswirkungen des Schulverbots verheerend und psychisch belastend. Hier teilen einige Mädchen ihre zerstörten Träume mit uns und erzählen, wie schmerzhaft das Leben für sie in den letzten Jahren geworden ist und was sie sich dennoch für ihre Zukunft erhoffen.
Auch Sharifa (links) und ihre jüngere Schwester Madina gehen seit fast drei Jahren nicht mehr in die Schule.
(Um sie zu schützen, haben wir die Namen aller Mädchen geändert.)
Schon vor dem Machtwechsel gingen in Afghanistan vier Millionen Kinder nicht zur Schule, drei von fünf von ihnen Mädchen. Durch das Schulbesuch-Verbot für ältere Mädchen ist die Zahl weiter gestiegen. Das Verbot ist weiterhin in Kraft, und es gibt keine Anzeichen, dass es aufgehoben wird.
Die Lage unterscheidet sich jedoch von Region zu Region. Fest steht: Eltern und den Mädchen in Afghanistan ist es unglaublich wichtig, lernen zu können.
Die Mutter von Sharifa, Saeeda, ist bei ihren Töchtern, während sie zu Hause lernen. Von ihren vier Töchtern hat nur eine die weiterführende Schule abgeschlossen. Und das macht sie besorgt.
Es war eine herbe Enttäuschung für die Mädchen in Afghanistan einige Monate nach der Machtübernahme der Taliban: Ende März 2022 entschied die de facto Regierung, dass Mädchen ab der siebten bis zur zwölften Klasse nicht zur Schule gehen dürfen. Zuvor hatten sie angekündigt, ihnen den Schulbesuch zu erlauben. Doch diese Ankündigung wurde nicht wahr. Für die Schülerinnen platzten Träume – von einer besseren, selbstbestimmten Zukunft.
Mädchen in Afghanistan sind einem Unesco-Bericht zufolge seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren vom Schulverbot ab der siebten Klasse betroffen.
Auch Bibi Gul ist seit drei Jahren nicht mehr in der Schule . Seit kurzem ist sie verlobt. Sie war in der achten Klasse, als Mädchen in Afghanistan nicht mehr in die weiterführende Schule gehen durften.
Ferzana ist seit einem Jahr nicht mehr in der Schule. Sie durfte nur die sechste Klasse abschließen. „Für mich bedeutete Schule eine Chance, etwas Sinnvolles mit meinem Leben zu machen, meine Familie zu unterstützen und meinem Land zu dienen“, sagt sie.
Gulalay war 14 Jahre alt, als das Verbot für Mädchen in Kraft trat, die weiterführende Schule zu besuchen.
Bildung bietet nicht nur Chancen. Sie schützt Mädchen vor Kinderehen, Mangelernährung und anderen Gesundheitsproblemen. Bildung stärkt außerdem die Widerstandsfähigkeit von ganzen Gemeinden in Afghanistan, sich besser vor den Auswirkungen von Katastrophen wie Überschwemmungen, Dürren und Erdbeben zu schützen, die das Land oft treffen.
Bildung ist auch deswegen so wichtig, weil seit der Machtübernahme der Taliban die Menschenrechtslage und humanitäre Situation sich immer weiter verschlechtert haben. Die Mehrheit der Afghaninnen und Afghanen leben in Armut; über 23,7 Millionen Menschen sind im Jahr 2024 auf humanitäre Hilfe durch Hilfsorganisationen angewiesen.
UNICEF setzt sich weiterhin intensiv dafür ein, Kinder in Afghanistan zu unterstützen. Im Jahr 2023 haben wir fast 700.000 Jungen und Mädchen den Zugang zu Bildungsangeboten ermöglicht, unter anderem durch die Verteilung von Lehr- und Lernmaterialien.
Darüber hinaus unterstützen wir die Ausbildung von Lehrerinnen, die eine wesentliche Voraussetzung dafür sind, dass Mädchen, insbesondere heranwachsende Mädchen, den Unterricht besuchen.
Ein Beispiel dafür ist die Bildungsinitiative Let Us Learn.
UNICEF hilft Kindern in Afghanistan. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie direkt die Mädchen und Frauen in Afghanistan.