Diese Website verwendet Funktionen, die Ihr Browser nicht unterstützt. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf eine aktuelle Version.
Medien
  • © UNICEF/UNI401778/Naftalin
  •  | © UNICEF/UNI590556/Meerzad
  •  | © UNICEF/UNI590559/Meerzad
  •  | © UNICEF/UNI590561/Meerzad
  •  | Test



Zerplatzte Träume und gebrochene Herzen

Mädchen und Frauen in Afghanistan

Machtlos und enttäuscht

Was es für afghanische Mädchen bedeutet, nicht zur Schule gehen zu dürfen

Wenn das neue Schuljahr beginnt, ist das für Kinder etwas ganz Besonderes. Auf der ganzen Welt ist der Schulstart für Mädchen und Jungen ein wichtiges Ereignis – der Grundstein für persönliches Lernen und Wachstum. Für Millionen Mädchen in Afghanistan ist Schule jedoch nur noch eine verblassende Erinnerung: Es ist etwa vier Jahre her, dass sie überhaupt zur Schule gehen und vorfreudig und aufgeregt dem Schulbeginn entgegenfiebern konnten. Zunächst schlossen die Schulen wegen der Covid-19-Pandemie, dann verboten die Taliban Mädchen, die weiterführende Schule zu besuchen.

In der Hauptstadt Kabul und anderen Städten ist das Leben von Afghaninnen von Einschränkungen und einer neuen, bedrückenden Realität bestimmt. Die Taliban haben in fast allen Lebensbereichen strenge Gesetze eingeführt, die vor allem den Alltag und die Rechte von afghanischen Mädchen und Frauen einschränken. In der Öffentlichkeit sind Mädchen und Frauen kaum mehr sichtbar; stattdessen spielt sich ihr Leben immer mehr zuhause und hinter verschlossenen Türen ab. Die Sittenpolizei sorgt dafür, dass die strengen Regeln der Scharia eingehalten werden. Immer wieder werden Frauen, die für ihre Freiheit und Selbstbestimmung eintreten, für ihre Überzeugung ins Gefängnis gesteckt.

Afghanische Mädchen und junge Frauen erzählen ihre Geschichte

Sharifa

15 Jahre alt

Für die Mädchen sind die Auswirkungen des Schulverbots verheerend und psychisch belastend. Hier teilen einige Mädchen ihre zerstörten Träume mit uns und erzählen, wie schmerzhaft das Leben für sie in den letzten Jahren geworden ist und was sie sich dennoch für ihre Zukunft erhoffen.

Auch Sharifa (links) und ihre jüngere Schwester Madina gehen seit fast drei Jahren nicht mehr in die Schule.

(Um sie zu schützen, haben wir die Namen aller Mädchen geändert.)

Wir hatten alle so viele Träume, was wir beruflich machen wollten . Aber das Bildungsverbot hat uns das alles genommen. Seit die Schulen geschlossen wurden, versuche ich, so viel wie möglich zu Hause zu lernen. Ich besuche ein paar Stunden lang Kurse und helfe dann im Haushalt.

Sharifa

  • Bild: © UNICEF/UNI590557/Meerzad

Ich bin sehr demotiviert. Die Dinge, die mir früher Spaß gemacht haben, kann ich kaum noch genießen. An manchen Tagen bin ich so traurig, dass ich nur noch weinen möchte.

Mir wird dann bewusst, dass mir meine Chance auf eine bessere Zukunft unter den Füßen weggezogen wurde. Mit meinen Klassenkameradinnen habe ich auch keinen Kontakt mehr – wir haben uns einfach so lange nicht mehr gesehen.“



Sharifa

Schon vor dem Machtwechsel gingen in Afghanistan vier Millionen Kinder nicht zur Schule, drei von fünf von ihnen Mädchen. Durch das Schulbesuch-Verbot für ältere Mädchen ist die Zahl weiter gestiegen. Das Verbot ist weiterhin in Kraft, und es gibt keine Anzeichen, dass es aufgehoben wird.

Die Lage unterscheidet sich jedoch von Region zu Region. Fest steht: Eltern und den Mädchen in Afghanistan ist es unglaublich wichtig, lernen zu können.

Die Mutter von Sharifa, Saeeda, ist bei ihren Töchtern, während sie zu Hause lernen. Von ihren vier Töchtern hat nur eine die weiterführende Schule abgeschlossen. Und das macht sie besorgt.

Ich mache mir wirklich Sorgen darum, wie es für meine Töchter in Afghanistan weitergehen kann. Ohne Schulabschluss werden sie ein sehr hartes Leben haben.

Saeeda

Es macht mich sehr traurig zu sehen, dass meine Töchter die Hoffnung verlieren. Ich habe drei Töchter, die nicht mehr zur Schule gehen, und sie sind in den letzten drei Jahren so deprimiert geworden. Sie sind nicht mehr so fröhlich wie früher. Sie sind gestresst und ängstlich, weil sie nicht wissen, was die Zukunft für sie bereithält.

Saeeda

  • Bild: © UNICEF/UNI590556/Meerzad
Hintergrund

Schule? Nicht für ältere Mädchen in Afghanistan

Fakten und Zahlen

Es war eine herbe Enttäuschung für die Mädchen in Afghanistan einige Monate nach der Machtübernahme der Taliban: Ende März 2022 entschied die de facto Regierung, dass Mädchen ab der siebten bis zur zwölften Klasse nicht zur Schule gehen dürfen. Zuvor hatten sie angekündigt, ihnen den Schulbesuch zu erlauben. Doch diese Ankündigung wurde nicht wahr. Für die Schülerinnen platzten Träume – von einer besseren, selbstbestimmten Zukunft.

0

Mädchen in Afghanistan sind einem Unesco-Bericht zufolge seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren vom Schulverbot ab der siebten Klasse betroffen.

Afghanische Mädchen und junge Frauen erzählen ihre Geschichte

Bibi Gul

17 Jahre alt

Auch Bibi Gul ist seit drei Jahren nicht mehr in der Schule . Seit kurzem ist sie verlobt. Sie war in der achten Klasse, als Mädchen in Afghanistan nicht mehr in die weiterführende Schule gehen durften.

Ich würde nicht heiraten, wenn ich stattdessen zur Schule gehen könnte.

Wenn ich das Wort ‚Schule‘ höre, stelle ich mir eine helle, eine positive Zukunft vor. Aber durch das Schulverbot kann ich mir so eine Zukunft nicht mehr vorstellen.

Bibi Gul

Ich fühle mich sehr hoffnungslos und etwas in mir ist zerbrochen, weil ich nicht mehr zur Schule gehen kann. Es ist ein riesiger Verlust für afghanische Mädchen und Frauen. Aber auch unsere Gesellschaft wird enorm unter dieser Entscheidung leiden. Wenn wir nicht zur Schule gehen, können wir keinen Beitrag dazu leisten, unser Land weiterzuentwickeln.

In den letzten drei Jahren habe ich mich sehr verändert. Ich fühle mich sehr alt, als wäre meine Kindheit zu einem abrupten Ende gekommen.

Bibi Gul

  • Bild: © UNICEF/UNI590561/Meerzad
Afghanische Mädchen erzählen ihre Geschichte

Ferzana

13 Jahre alt

Ferzana ist seit einem Jahr nicht mehr in der Schule. Sie durfte nur die sechste Klasse abschließen. „Für mich bedeutete Schule eine Chance, etwas Sinnvolles mit meinem Leben zu machen, meine Familie zu unterstützen und meinem Land zu dienen“, sagt sie.

Ich bin sehr traurig, wenn ich die Jungen in unserer Nachbarschaft zur Schule gehen sehe. Manchmal wünsche ich mir, ein Junge zu sein, damit ich auch zur Schule gehen, lernen und mit meinen Freunden spielen könnte.

Wenn Mädchen nicht zur Schule gehen, lernen sie ihr ganzes Leben weder lesen noch schreiben und stehen vor vielen Herausforderungen. Wenn ich morgens aufwache, bleibe ich einfach zu Hause und helfe meiner Mutter im Haushalt. Ich besuche einen Kurs in der Nähe.

Ferzana

Afghanische Mädchen und junge Frauen erzählen ihre Geschichte

Gulalay

17 Jahre alt

Gulalay war 14 Jahre alt, als das Verbot für Mädchen in Kraft trat, die weiterführende Schule zu besuchen.

Nach der Schließung der Schulen wurde mir gesagt, dass ich heiraten müsse, weil ich ja sonst nichts anderes zu tun hätte. Ich war noch ein Kind, als ich diese Worte hörte, und sie brachen mir das Herz. Ich fühlte mich schrecklich und war mir unsicher, ob jemand meine Gefühle verstehen oder nachvollziehen könnte. Meine Kindheit war ganz plötzlich zu Ende.

Ein paar Jahre nach meiner Heirat wurde ich krank, und mein Mann wanderte aus und ließ mich allein zurück. Die Einsamkeit und die finanzielle Not machten das Leben unerträglich.

Gulalay









Jeden Morgen bete ich, dass die Schulen wieder öffnen. Wenn ich abends einschlafe, hoffe ich, dass die Dunkelheit morgens ein Ende hat. Jedes Jahr kaufe ich Bücher und bin weiterhin in Kontakt mit meinen Lehrerinnen. Sie geben mir immer noch Hoffnung.

Ich habe meine Träume nicht vergessen. Ich lese Bücher, schreibe über mein Leben, und ich träume immer noch von einer Ausbildung für meine Tochter, damit sie später mal Journalistin werden kann.

Gulalay

In Afghanistan und weltweit

Bildung als Schutz für Mädchen

Bildung bietet nicht nur Chancen. Sie schützt Mädchen vor Kinderehen, Mangelernährung und anderen Gesundheitsproblemen. Bildung stärkt außerdem die Widerstandsfähigkeit von ganzen Gemeinden in Afghanistan, sich besser vor den Auswirkungen von Katastrophen wie Überschwemmungen, Dürren und Erdbeben zu schützen, die das Land oft treffen.

Bildung ist auch deswegen so wichtig, weil seit der Machtübernahme der Taliban die Menschenrechtslage und humanitäre Situation sich immer weiter verschlechtert haben. Die Mehrheit der Afghaninnen und Afghanen leben in Armut; über 23,7 Millionen Menschen sind im Jahr 2024 auf humanitäre Hilfe durch Hilfsorganisationen angewiesen.



Bildung für Mädchen und junge Frauen

So unterstützt UNICEF Mädchenbildung in Afghanistan

UNICEF setzt sich weiterhin intensiv dafür ein, Kinder in Afghanistan zu unterstützen. Im Jahr 2023 haben wir fast 700.000 Jungen und Mädchen den Zugang zu Bildungsangeboten ermöglicht, unter anderem durch die Verteilung von Lehr- und Lernmaterialien.

Darüber hinaus unterstützen wir die Ausbildung von Lehrerinnen, die eine wesentliche Voraussetzung dafür sind, dass Mädchen, insbesondere heranwachsende Mädchen, den Unterricht besuchen.

Ein Beispiel dafür ist die Bildungsinitiative Let Us Learn.

UNICEF hilft Kindern in Afghanistan. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie direkt die Mädchen und Frauen in Afghanistan.